Das muss Liebe auf den ersten Blick sein. Gestern bin ich in Rotterdam angekommen. Und dachte nur: boah, was für eine Stadt! Das Anti-Amsterdam schlechthin. Keine Grachten, keine Touristenhorden, keine alten Giebel. Gibt es in Europa eine modernere Stadt als Rotterdam? Man muss das mögen, um es hier auszuhalten. Aber ich mag das. Und freu mich riesig auf den Marathon morgen.
Eine letzte kleine Runde habe ich heute Früh mit der Kamera gedreht, vor allem am Maasufer entlang. Auf diese Idee müssen ungefähr 90 Prozent aller Marathonis gekommen sein, denn die Läuferdichte war zeitweise höher als bei besten Wetter auf der Hamburger Alsterrunde. Alle wirkten so gut trainiert, spritzig und perfekt vorbereitet auf den großen Tag. Ich hatte am Abend zuvor irgendetwas Indonesisches gegessen – dabei wählte ich weder die Variante hot noch special, doch Teile meiner Magenwand muss ich für die nächsten Tage wohl abschreiben.
Ansonsten könnten die Bedingungen besser nicht sein. Trocken und sonnig, aber nicht zu warm und fast windstill. Vom Stayokay Hostel sind es keine zehn Minuten Fußweg bis zum Start, also kann ich mich morgen auch nicht mit der Straßenbahn verfahren, wie ich es gestern zunächst tat. Für Ortskundige: Ich habe kurz vor Schiedam bemerkt, dass ich gerade aus dem Rotterdamer Zentrum rausgefahren und nicht in die Stadt hineingefahren bin.
Dass Rotterdam so aussieht, wie es jetzt ist, daran haben natürlich wir Deutschen schuld. 1940 wurde praktisch die ganze Innenstadt durch einen verheerenden Fliegerangriff der Nazis zerstört, die die neutrale Niederlande innerhalb weniger Tage eingenommen hatten. In der Kunsthal läuft derzeit eine hochinteressante Ausstellung: „Der Zweite Weltkrieg in 100 Objekten“ aus niederländischer Sicht.
Ich habe ein Ritual vor großen Läufen: Um mich ein bisschen abzulenken und Ruhe zu finden, gehe ich am Tag vorher in ein möglichst modernes Museum, schaue mir die Objekte und fast noch lieber die Leute dort an und mache es mir im Café gemütlich, damit die Beine nicht zu müde werden. Gut frequentiert war vor allem der Bereich „Von Stückelschuhen und wahrer Liebe“ – der Frauenanteil in diesen Räumen war überwältigend.
Okay, in Rotterdams Innenstadt tobte das Leben wie wohl in jeder Metropole am Samstag. Ich lege aber erst einmal die Beine hoch und freue mich auf die Pastaparty im Stayokay für Marathonis und den großen Rest der Welt. Mein Fazit steht aber schon nach 24 Stunden in dieser Stadt schon fest: Ik hou van Rotterdam – ich liebe Rotterdam. Mal sehen, ob ich morgen beim Marathon auf Gegenliebe treffe…