21. November 2024

Der Trail des Lebens

Wie wäre es wohl, einfach aus seinem Beruf und seinem Leben auszubrechen, um konsequent das zu machen, was einem Spaß macht? Für die allermeisten von uns bleibt das ein Traum. Für Christine Thürmer nicht. Auf „Laufen. Essen. Schlafen.“ hat sich ihr Leben auf den drei Trails durch die USA reduziert. Am Ende dieser Wanderungen bricht die ehemalige Geschäftsführerin alle Brücken zu ihrem alten Leben ab – auf ihrem Trail des Lebens hat eine unverhoffte Abzweigung genommen.

thuermer

Zu Beginn ist Christine Thürmer in Sachen Sport „eine absolute Niete“. Aber sie hat den festen Willen, auf die Suche nach dem zu gehen, was ihr Leben wirklich ausmacht. Die Sinnsuche führt sich nach dem Tod eines guten Freundes und nach dem plötzlichen Verlust ihres Jobs auf den Pacific Crest Trail, einem Weg durch den gebirgigen Westen der USA von der mexikanischen bis zur kanadischen Grenze.

Ist das überhaupt machbar für eine Anfängerin, die mit Ausdauersport zuvor nichts am Hut hatte? „Der Erfolg auf dem Trail hängt zu achtzig Prozent von mentalen Faktoren ab und nur zu zwanzig Prozent von deinem körperlichen Zustand“, erfährt die Autorin am ersten Tag ihres Abenteuers. Und: „Eine Strecke von über 4000 Kilometern musst du vor allem mit dem Kopf bewältigen – der Körper zieht dann schon nach.“

Auf diese mentale Stärke kann sich „German Tourist“, so der Trail-Name von Christine Thürmer, im Laufe der insgesamt drei Trails immer wieder in kritische Situationen verlassen. Für diese sorgen nicht nur äußere Umstände wie Schnee und Eis, reißende Flüsse oder unerträgliche Hitze. Auch mancher Mitwanderer ist ihr nicht unbedingt eine Hilfe – vor allem nicht ihr Freund, den sie nach dem Ende des zweiten Trails nicht mehr wiedersehen wird. Unglaublich viele nette, hilfsbereite Menschen lernt sie kennen, aber auch weniger freundliche Zeitgenossen. Und immer wieder muss sie sich fragen, ob sie nicht bisweilen vorschnell urteilt.

Monatelang 35 Kilometer pro Tag durch in der Regel schwieriges Gelände wandern, das fordert nicht nur Körper und Geist, das ist auch eine logistische Herausforderung. Spannend ist es zu lesen, wie die Leute auf dem Trail ihren Kalorienbedarf decken – am Ende mag fast jeder nur noch Unmengen an Schokoriegeln in sich hineinstopfen. Ein bisschen mehr über Land und Leute hätte ich gern erfahren, ebenso über die sportliche Seite dieses Trails – wie bereitet man sich drauf vor, was macht die Belastung mit dem Körper? Aber Christine Thürmer setzt andere Schwerpunkte. Vor allem: Was macht der Trail mit ihr?

Am Ende hat sie innerhalb von 15 Monaten gut 12.700 Kilometer zu Fuß zurückgelehnt, erhält als Lohn die „triple crown“, eine Messingtafel auf einem Holzrahmen. Vor allem aber ist sie ein anderer Mensch geworden. Ein fitterer ganz bestimmt, vor allem aber ein glücklicherer.

Ein Rezensionsexemplar wurde mir vom Malik-Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt.

Ein Gedanke zu “Der Trail des Lebens

  1. Danke für die Rezession. Klingt total interessant. Ich speicher das mal auf meiner Wunschliste. Ich hab gerade auch mit dem Laufen begonnen und suche immer nach Motivation.

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