21. November 2024

Ein Micky-Maus-Rekord

Ich komm‘ nicht drüber weg. Eliud Kipchoge läuft als erster Mensch den Marathon in weniger als zwei Stunden – und alle feiern das wie eine Mondlandung. Obwohl der „Rekordlauf“ des Kenianers mit einem sportlichen Wettkampf so viel zu tun hatte wie mein Leistungsstand mit dem der Weltelite. Und je länger das Event in Wien her ist, desto merkwürdiger kommt mir die ganze Sache vor.

Erst einmal: Kipchoge lief mit 41 Tempomachern, die ihm 42,195 km lang durchgehend Windschatten boten. Per Lasersignal wurde ihm das Tempo vorgegeben. Verpflegung war rund um die Uhr verfügbar. Alles wurde optimiert, auch der Veranstaltungsort, die Startzeit und die Strecke. Sport hat immer etwas mit einem Wettkampf, mit einem Vergleich zu tun. Das war für mich kein Sport, das war eine Werbeshow.

Für wen? Zum Beispiel für den Chemie-Giganten Ineos, der sein angeschlagenes Image – Stichwort Fracking – durch Sponsoring vom Radsport bis zum Fußball im großen Stil verbessern will. Oder natürlich für Nike und den neuen Wunderschuh, den wir alle für schlappe 280 Euro kaufen können.

Perfektes Timing, denn gerade hat das mittlerweile aufgelöste Nike Oregon Project für unangenehme Schlagzeilen gesorgt. Darüber spricht keiner mehr. Doch ob der pinkfarbene Schuh überhaupt regelkonform ist, darüber redet jeder, seitdem der Weltverband diese Frage aufgeworfen hat. Ich sehe schon den neusten Nike-Slogan: „Ein verboten guter Schuh.“

„Ich finde es schade, dass für den Läufer, der in einem normalen Rennen unter zwei Stunden bleibt – und ich bin überzeugt, dass wir das noch erleben werden – immer ein Makel bleiben wird“, sprach Frankfurts Marathon-Chef Jo Schindler mir jetzt aus dem Herzen.

Dieser Micky-Maus-Rekord hat zudem noch etwas bewirkt: Der am gleichen Wochenende unter korrekten Bedingungen erzielte Frauen-Weltrekord von Brigid Kosgei (2:14:04) ging angesichts des Trubels um ihren Landsmann völlig unter. Schade eigentlich.

Beitragsbild: wikipedia

Ein Gedanke zu “Ein Micky-Maus-Rekord

  1. Ich finde trotz all dieser „äußeren“ Bedingungen es immer noch eine äußerst bemerkenswerte Leistung die da vollbracht wurde. Er saß ja nicht im Auto oder wurde getragen oder so. Er musste immer noch selber laufen. Und das schafft man eben nicht einfach so im vorbeilaufen sondern ist immernoch eine wahnsinnige Leistung!

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