Gute Vorsätze fassen viele Menschen. Doch nur wenige setzen sie so konsequent um wie Alexander Temmen. Am Neujahrstag 2012 beschloss der Bardowicker, etwas gegen seine überflüssigen Pfunde zu tun, aß nichts und ging stattdessen laufen. „Einen Kilometer habe ich mit großer Mühe geschafft“, erinnert sich Temmen. Inzwischen bringt er nicht mehr 110 Kilogramm, sondern nur noch 70 auf die Waage – und peilt beim morgigen Hamburg-Marathon eine Zeit unter 3:15 Stunden an.
Freunde und Bekannte erkennen den 40-Jährigen kaum wieder, erklären den ehemals gemütlichen Dicken für verrückt. „Dabei ist er viel entspannter als vorher“, meint seine Ehefrau Sandra: „Ich muss nur gucken, dass er gut isst.“ Kalorien verbraucht der Bardowicker auch reichlich, nicht nur beim Laufen, sondern auch auf dem Rad oder im Schwimmbad — insgesamt kommen da oft neun Einheiten pro Woche zusammen. Einen Triathlon über die Langdistanz will er in diesem Jahr beim Ostseeman in Glücksburg noch bewältigen.
Aber erst einmal steht Hamburg an. „Vor einem Jahr habe ich mich großkotzig angemeldet“ – Temmen quälte sich nach 4:49:55 Stunden über die Ziellinie, lief aber wenigstens eisern durch. Ständig in der Furcht vor dem Mann mit dem Hammer, aber der kam nicht. „Ich habe Schlimmeres erwartet“, meint der Software-Entwickler.
Doch Temmen ist einer, der nicht so schnell locker lässt, Trainingsintensität und -umfänge steigerte. Ein Fußbruch im Sommer, erlitten beim Motorradfahren, bremste ihn nur kurz, im Oktober lief er seinen zweiten Marathon in Lübeck schon in guten 3:33:08 Stunden – obwohl er erst vor Ort mitbekam, dass dort das Feld zweimal durch den Herrentunnel unter der Trave muss.
So sehe ich wirklich aus?
Dass Temmen vor nicht einmal eineinhalb Jahren noch 40 Kilo mehr wog, ist ihm nicht anzumerken. „Ich steige immer noch täglich auf die Waage“, gesteht er, „aber inzwischen muss ich gucken, dass ich noch genügend Energie nachlege.“ Bis zur Geburt seiner ersten Tochter war er schlank und sportlich, dann mogelte sich im Laufe der Jahre ein Fettpölsterchen nach dem anderen auf seine Rippen. „Irgendwann war mir das egal“, so Temmen, „bis ich 2011 Weihnachtsfotos von mir anschaute und mich fragte – so sehe ich wirklich aus?“ Die beste Motivation, um eine Woche später durchzustarten…
Sein Ziel 3:15 geht er nicht allzu verbissen an: „Ich muss niemandem etwas beweisen, nur mir.“ Und dennoch wird er nach dem Bombenanschlag von Boston mit einem etwas mulmigen Gefühl an den Start gehen. Doch er wird nicht verzichten. Denn: „Eine 42-km-Strecke gegen Anschläge abzusichern, ist sicherlich ein Ding der Unmöglichkeit. Insbesondere in Hamburg und bei 750000 Zuschauern. Ich arbeite ja auch in der Hamburger Innenstadt, und so gesehen setze ich mich jeden Tag dieser Gefahr aus.“
Alexander Temmen ist auch im Internet unterwegs – und zwar unter dem Motto „Drei auf einen Streich„.