Läufer sind doch Gewohnheitstiere. Jeden Mittwoch laufen sie diese Runde, jeden Sonntag jene und im April einen Marathon in Hamburg. Und wenn es ganz anders laufen soll, als sie es gewohnt sind, dann sind sie erst einmal irritiert. Wie jetzt in Adendorf, wo vorm 40. Volkslauf eine Schreckensnachricht die Runde macht: „Geänderte Streckenführung!“ Die Wildschweine, die sich im Wald zwischen Adendorf und dem Kanal austobten, sind schuld. Man sollte ihnen einen Orden verleihen.
Denn so nett, wie ich die Adendorfer finde, so fies finde ich den bisherigen Kurs. Hoch und runter, links und rechts – und das alles auf Waldwegen, die sich nach jedem Sprühregen in ein Moor verwandeln. Nun aber dürfen wir, das ist die gute Nachricht, am Kanal erst einmal nach rechts abbiegen und bis zu einem Wendepunkt ein paar hundert Meter auf flachem Gelände absolvieren. Die schlechte Nachricht: Ein zweiter Wendepunkt wartet ganz unten am Hebewerk – der Quälberg schlechthin für Fußballer der Region, er wird auch unser sein.
Auch deshalb laufe ich betont vorsichtig los, schleiche mich auf der ersten meiner beiden Runden ein bisschen nach vorn – und dann biegen vor mir alle, aber wirklich alle, rechts ab, während ich Depp mich ja unbedingt für die 18,5 Kilometer anmelden musste und nicht wie fast alle anderen für den Zehner. Niemand ist vor mir, niemand hinter mir – und so wird das bis zur Zielankunft bleiben.
Wenigstens dank der Wendepunkte sehe ich noch ein paar Mit-Läufer in Aktion. Carolin von den Düvelsbrookern weit vor mir (sie wird später etwas von müden Beinen erzählen – die müden Beine hätte ich auch gern), Jens, Alex und Andreas doch ein ganzes Stück hinter mir. Jaja, sie wollten ja locker laufen. Aber seit wann halten sich Läufer an solche Ankündigungen?
In einem besseren Zustand als erwartet düse ich zurück zum Sportplatz . Adendorf strengt doch ansonsten immer so an? Das Gewohnheitstier in mir schüttelt sich nur kurz. Der Rest freut sich auf den angeblich schönsten Volkslauf der Welt in Traisa am Rande des Odenwalds Kein Kanal ist dort in Sicht. Aber vielleicht schauen dort noch ein paar Wildschweine vorbei?