Saulheim, die Heimat des Ritter Hundt, die flächenmäßig größte Weinbau treibende Gemeinde Rheinhessens. Und Wörrstadt, die Stadt des Neunröhrenbrunnens – wer kennt diese Perlen nicht? Ich zum Beispiel bis vor Kurzem, doch das hat sich dank einer an dieser Stelle hin und wieder bereits gewürdigten Läuferin auf Kleinstniveau mittlerweile drastisch geändert. Höchste Zeit, in Rheinhessen nicht nur Weinstuben und Weihnachtsmärkte zu erobern, sondern auch Laufstrecken. Und die haben es durchaus in sich.
Schon bei meiner ersten vorsichtigen Annäherung an die Region in Mainz nach dem Motto „Finthen, das liegt ganz hinten“ habe ich festgestellt: Flach geht anders. Wir könnten es uns ganz einfach machen, in Wörrstadt die Ober-Saulheimer Straße so lange entlangrennen, bis sie in Saulheim zur – Trommelwirbel, welche Überraschung – Wörrstädter Straße mutiert. Das würde viele Höhenmeter vermeiden, bietet aber nur einen selten hässlichen Anblick eines Gewerbegebiets mit stinkender Fleischverarbeitung und viel Autoverkehr drei Meter rechts von uns. Muss ja nicht unbedingt sein.
Also ab in die Weinberge, zumindest in die Nähe. Immer, wenn wir die Rebstöcke am Fuß der Berge erreicht haben, löst das offenbar Höhenangst bei der Läuferin aus. „Nee, das wird mir zu steil hier“, sagt sie und strebt lieber in Richtung ihres geliebten Saulheim. Nun gut. Das Örtchen liefert ja auch beeindruckende Bilder. Ein Naherholungsgebiet, das aussieht wie ein Hundertstel des Geländes einer Landesgartenschau, die aber schon vor einem Jahrzehnt mit großem Defizit abgeschlossen wurde, weswegen sich niemand mehr um die Bepflanzung gekümmert hat. Ein Wertstoffhof, den wir ansonsten fast täglich angefahren haben, um uns immer wieder aufs Neue die Schuhe zu ruinieren. Und überhaupt Matsch. Sehr viel Matsch.
Mag die Läuferin vor Bergen zurückschrecken (wie hat sie nur am 3. Oktober den Stellweg in Traisa geschafft?) – glitschige Wege scheint sie zu lieben. Und irgendwann weiß ich auch, warum das so ist. Während sie leichtfüßig den schlimmsten Modder umkurvt, lande ich mittendrin, verliere einen Schuh und fast auch noch die Fassung. Die überaus schmutzige Lache meiner ansonsten sauber gebliebenen Begleiterin dürfte man wohl noch bis Alzey, der selbst ernannten Hauptstadt Rheinhessens, gehört haben.
Auf der zweiten Runde müssen wir uns sogar an einem Zaun entlanghangeln, um nahe des Sportplatzes nicht einen spontanen Tough-Mudder-Wettbewerb einzulegen. Doch auf der dritten Runde überrede ich sie doch zu einem kleinen Schlenker durch die Reben. „Boah, ist das schön hier“, denke ich nur und mag mir das gar nicht erst ausmalen, wenn es hier erst zu grünen beginnt. Auf dem Rückweg zieht’s ordentlich. Da wird mir bewusst, was es in Rhoihesse nur in homöopathischen Dosen gibt: Wald.
Trotzdem: Schön ist es hier. So schön, dass ich nächste Woche wieder hierherkomme. Und vielleicht lässt sich die Läuferin dann zu noch ganz anderen Schlenkern überreden.
Und als kleine Zugabe gibt es auf vielfachem Wunsch mein erstes Fitness-Tutorial: