21. November 2024

Und plötzlich findet sich links die Lücke

Der letzte Schritt von gut 10.000 hat entschieden. Im Fotofinish krönte sich Wilhelm Vogt zum deutschen Meister seiner Altersklasse M 80 im 10-km-Straßenlauf, die im Rahmen des Hamburger Alsterlaufs ausgetragen wurde. „Da habe ich aber Gas gegeben“, beschreibt Vogt seinen Sprint zum Titel. Auf den letzten zehn Metern duellierte er sich mit dem Hamburger Heinrich Rücker, beide kamen zeitgleich nach 53:14 Minuten an – aber Vogt überschritt mit der Brust doch ein ganz kleines Stückchen früher die Ziellinie.

vogt1

Fast 1000 Volksläufe hat „Willi“ seit 1978 bestritten, doch er musste erst 81 Jahre werden, um bei einer DM zu debütieren. Beinahe wäre er in diesem Jahr schon in Celle über 10.000 Meter auf der Bahn um den nationalen Titel gelaufen, „aber da wurde meine Enkelin konfirmiert. Das war mir wichtiger.“ In diesem Sommer aber bereitete sich Vogt akribisch vor, absolvierte ein paarmal häufiger als sonst Tempoläufe von 400 bis 5000 Meter Länge auf der Bahn in Adendorf. Bei der Laufserie in Winsen wurde er bereits Bezirksmeister über 3000 und 5000 Meter, verbesserte seine Vorjahreszeiten und auch die Altersklassen-Rekorde im Kreis und Bezirk deutlich.

Nun aber gelang ihm sein Meisterstück in Hamburg – natürlich wieder mit Kreis- und Bezirksrekord. Seine Nettozeit von 52:43 Minuten für den Zehner erreichen viele halb so alte Männer nicht. Und das bei gut 20 Grad und Sonnenschein. Nicht unbedingt das ideale Wetter für Langstreckler, „aber ich fand es wunderbar“, so Vogt.

Den Hamburger hatte er erst 1500 Meter vor Schluss als Rivalen erkannt – bei allen Meisterschaftsläufern war die Altersklasse auf der Startnummer vermerkt. Zu dieser Zeit war der Adendorfer etwas erschöpft: „Da hatte der Kilometer schon 1100 Meter.“ Aber er blieb hartnäckig an Rücker dran. Dass die beiden Senioren um Gold und Silber kämpften, wussten sie da noch gar nicht – der Drittplatzierte lag letztlich gut dreieinhalb Minuten hinter dem flinken Duo.

Dass es zum Titel reichte, lag aber vielleicht auch ein bisschen an den Tipps seines meisterschaftserfahrenen Adendorfer Trainingspartners Dieter Gerner. „Willi, du hast Chancen auf Platz eins bis drei“, hatte der gesagt. Und: „Du musst beim Start möglichst weit nach vorn gehen. Und guck‘, dass du vorm Ziel eine Lücke findest.“ Das klappte perfekt: Während der Hamburger Rivale beim Zielspurt auf dem Ballindamm die Straßenmitte wählte und dort von einem kleinen Läuferpulk etwas ausgebremst wurde, fand Vogt links die Lücke und preschte durch.

So fix er zu Gold gelaufen war, so lange musste er auf die Belohnung warten. Als allerletzte Altersklassenläufer wurden erst nach gut einer Stunde Wartezeit die drei schnellsten Cracks aus der M 80 geehrt. Um so mehr Applaus erhielten Vogt und seine Konkurrenten aber für ihre Leistung.

Fotos: Petra Gerner

Ein Gedanke zu “Und plötzlich findet sich links die Lücke

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.