Das schöne Finisher-Shirt aus Florenz – aus dem Leim gegangen. Das aus Bremen – sehr gewagte Farbgebung, die mir nie wirklich gefallen hat. Das Shirt vom Roparun – kratzt, kaum dass man einen Kilometer damit gelaufen ist. Ihr merkt schon: Ich habe in meinem Kleiderschrank kräftig aufgeräumt und dabei einige Schätze entdeckt, die ich weder dem Sozialkaufhaus schenken noch selbst bei der Gartenarbeit tragen mag. Wieso verursacht der Laufsport so viel Plunder – und was können wir dagegen vor allem tun?
Gute Erinnerungen tragen unser Leben. Zu einem guten Leben gehört es aber auch, mit einem nicht zu großen Rucksack zu reisen. Wer aber wirklich alles aufhebt, was sich im Laufe der Jahre bei seinen Starts vom Marathon bis zum Volkslauf ansammelt, der kann bald einen Kellerraum dafür reservieren. Es sind ja nicht nur die Shirts. Beim Club um die Ecke bekomme ich ja auch noch als bemitleidenswerter 39. der Gesamtwertung eine Medaille in die Hand gedrückt. Für die Kinder mag das ja als Motivation in Ordnung sein. Aber mit den paar Hundert Euro, die ein Verein in diese Plaketten investiert, könnte er zum Beispiel auch mehreren Übungsleitern die Lizenz-Lehrgänge finanzieren.
Anderenorts gibt es als kleines Giveaway zum Beispiel ein Startnummernband (ich zählte sechs in meinem Kleiderschrank, alle offenbar unkaputtbar) oder ein Kopftuch, aus dem ich nach regem Gebrauch wenigstens noch Brillentücher oder Putzlappen anfertigen kann. Ich lehne diese Beigaben in aller Regel schon freundlich dankend ab, ehe sie dann doch wieder nur in irgendeiner Kiste Staub ansetzen. Diese Kiste füllt sich ja schon mit dem Quatsch, den man irgendwann als unverzichtbar ansah und einfach kaufen musste, von ganz allein. Stichwort: Getränkegürtel.
Ganz schlimm wird’s, wenn ein Sponsor eine Laufveranstaltung als Gelegenheit entdeckt, die großen und vor allem die Kleinen mit Tonnen an Plastik zu beglücken. Ein Energie-Unternehmen macht das seit Jahren beim Tiergartenlauf in Lüneburg, verspricht einen klimaneutralen Lauf und sorgt doch nur für unnötigen Müll in großen Mengen. Dem Unternehmen habe ich mittlerweile meine Meinung geschrieben. Hoffentlich nicht als Einziger.
Warum aber setzen manche Veranstalter den Läufern derart billig gemachte Shirts vor? Es ist doch Anti-Werbung für einen Marathon, wenn das Leibchen nach dreimaligem Gebrauch in der Tonne landet, weil es nicht mehr passt, weil sich die Nähte auflösen oder weil man darin nach ein paar Schritten schon stinkt. Richtig gut erhaltene Shirts, in denen man zudem nicht aussieht wie eine rennende Litfaßsäule, besitze ich nur von den Marathon-Läufen in Amsterdam 2011 und Rotterdam 2014 – und ich freu‘ mich auch heute noch, wenn ich, wie gerade beim Roparun mehrfach geschehen, Leute im gleichen Dress sehe.
Ab und zu bekommt man sogar ein Baumwoll-Shirt in die Hand gedrückt. In aller Regel sind die mit sehr viel Begeisterung, aber wenig Sinn für Ästhetik entworfen und mit den Logos von mindestens acht lokalen Betrieben verziert. Die würde ich nicht einmal nachts als Schlafanzug-Ersatz überstreifen – das Haus könnte ja abbrennen, und mich könnte dann jemand auf offener Straße in diesem Teil sehen.
Beim Göttinger Altstadtlauf gab es jetzt auch ein Shirt dieser Art, das ich fast am Anmeldestand liegengelassen hätte. Gut, dass ich es doch eingepackt habe. Denn 40 Stunden, einen Hitzelauf, eine Radtour und zwei Unwetter später hatte ich für die Rückfahrt nur noch ein Oberteil, das nicht völlig durchschwitzt und/oder durchnässt war. Und da war es mir dann völlig egal, dass ich aussah wie ein Anzeigenmagazin auf zwei Beinen…
Um mich an einen Lauf erinnern zu können, brauche ich jedenfalls keine Medaillen, keine Urkunden (ich kriege ja eh so gut wie nie eine) und keine sonstigen Andenken, nicht einmal Fotos oder elend lange Berichte in meinem Blog. Eigentlich brauche ich nur jemanden, der den Lauf mit mir erlebt hat. Oder zumindest jemanden, der so geduldig ist, sich meine ausschweifenden Erzählungen von Mallorca 2008 anzuhören.