Laufen hält im Idealfall ja nicht nur fit und jung, ist nicht nur Balsam für Körper und Seele. Laufen verbindet auch. Menschen, die sich ansonsten gar nicht kennenlernen würden. Menschen, die aber eine besondere Leidenschaft teilen. Die Leidenschaft eben für das Laufen. Wenn man dann noch als Tourist mit Einheimischen unterwegs ist, dann lernt man den Ort und seine Umgebung tausendmal besser kennen als über Prospekte oder das Bummeln auf eigene Faust. Zum Beispiel in Tossa de Mar, einem wunderschönen, nicht allzu sehr durch Massentourismus verschandelten Seebad an der Costa Brava.
Zwei Begriffe kenne ich jetzt auf Katalanisch. „No gossos“, keine Hunde – ein Schild, das überall steht und an das sich kein Mensch hält. Und „Fondistes“ – wörtlich übersetzt heißt das laut Google Geldgeber, laut LeoOrg aber Langstreckenläufer. Die Fondistes aus Tossa de Mar scheinen mir ein sehr reges Grüppchen zu sein. Sie sind vertreten auf Facebook und Instagram, und sie werden am 14. Oktober ihren ersten Marathon ausrichten: „la Megalitica“ genannt, mit schlappen 1500 Höhenmetern ausgestattet.
Denn Tossa mag zwar am Meer liegen, dafür ist das Hinterland aber höchst bergig, wie wir schon zuvor bei Wanderungen festgestellt haben. Meine Mitreisende hatte schon einmal das Vergnügen, mit den Fondistes eine profilierte Runde zu drehen, und fragt, ob es denn diesmal wieder so bergig wird. Noch ein bisschen bergiger, erfahren wir. Dass ich am Ende die langsamste Trainingsrunde meiner fast schon zwölf Jahre währenden Laufleidenschaft mit den meisten Höhenmetern zurückgelegt habe, ahne ich zum Start in Tossa natürlich noch nicht. Wäre ich sonst im Bettchen geblieben?
Meine Mitreisende unterhält sich tapfer auf Spanisch mit Mireia, Sònia, Monica und Damià, der eigentlich am Wochenende den Marathon in Saragossa laufen wollte – der wurde aber wegen Hochwassers kurzfristig abgesagt. Ich bekomme dank meiner Italienisch-Kenntnisse auf Kleinstniveau wenigstens ein paar Wortfetzen mit. Wenn sich unsere vier Begleiter allerdings auf Katalanisch unterhalten, verstehe ich nur „estació de tren“. Okay, die Strecke verbietet eh allzu ausgiebige Gespräche. Bergauf ist Puste gefragt, bergab Konzentration, um nicht ins Rollen zu kommen. Und da es zuletzt kräftig geregnet hat, sind viele Wege ordentlich ausgewaschen, verlangen stete Aufmerksamkeit.
Dank der beiden Gäste aus „Alemanya“ legen die vier Fondistes zumindest ein paar Pause mehr ein, um Fotos zu schießen und uns die Sehenswürdigkeiten auf der Strecke zu zeigen. Rund um Tossa gibt es zwar ein ausgeklügeltes Wanderweg-Netz mit gelben, grünen oder auch rot-weißen Wegmarken, die von den Einheimischen bisher aber kaum bis gar nicht beachtet wurden. Okay, wir vertrauen ihren Ortskenntnissen voll und ganz.
Die Vier sind alles andere als Laufanfänger, schlagen aber ein betont ruhiges Tempo an. Sehr bald sind wir ihnen dankbar. Denn mancher Anstieg könnte ebenso im Oberharz oder im Odenwald zu finden sein – gut, dass wir nie den aeroben Bereich verlassen haben. Am Ende sind wir für 15 Kilometer mit angeblich 936 Höhenmetern gut zwei Stunden unterwegs gewesen, fühlen uns aber nicht wirklich kaputt. Einmal klatschen wir uns noch alle ab, finden einen Touristen für ein Erinnerungsfoto, auf dem wir endlich mal alle sechs drauf sind, und verabschieden uns voneinander auf Spanisch, Katalanisch, Englisch und Deutsch.
Ein erfüllender Vormittag! Wer mal zufällig in Tossa ist – die Gruppe trifft sich immer samstags um 9 Uhr (im Sommer schon um 7 oder 7.30 Uhr) auf der Brücke nahe des Supermarkts Dia zur langen Runde, ansonsten donnerstags um 19.30 Uhr zu einem kleineren Ausflug. Vielleicht sind wir bald auch mal wieder dabei? Bis dahin: adéu!