Wie soll ich denn nur ein Buch besprechen, mit dessen Autor ich sonntags schon manche Runde durch den Lüneburger Tiergarten gedreht habe? Wie soll ich nur unvoreingenommen gegenüber einem Buch sein, in dem sogar meine Wenigkeit abgebildet bin (Seite 35, hinten der Zweite von rechts…)? Ich versuch’s einfach mal. Norbert Schläbitz, ein besonders aktives Mitglied der Düvelsbrook Dynamics, stellt auf 184 Seiten fest: „Wenn ich denn laufe, dann laufe ich.“ Herrlich lakonisch wie der Titel fallen seine Geschichten „von Lust und Leid beim Marathon“ aus. Indianerehrenwort – das hätte ich auch geschrieben, wenn ich nie zuvor von ihm gehört hätte.
Das Buch beginnt und endet mit einem Verweis auf Haruki Murakami und dessen Werk „Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede„. Norbert Schläbitz kritisiert, dass der von ihm ansonsten offenbar durchaus geschätzte Japaner in seinem Laufbuch auch über seine Lauf- und Marathonerlebnisse berichtet, aber gern abschweift. Auch der Professor für Musikpädagogik an der Uni Münster weist durchaus eine interessante Biografie als Musiker, Komponist und Sachbuchautor auf, doch ihm geht es ganz allein um seine Erlebnisse und Erfahrungen als Durchschnittsläufer.
Das Buch liest sich, wie sich eine Plauderei mit Norbert anhört – bisweilen sprunghaft, aber nie langweilig und immer wieder mit feiner (Selbst-)Ironie versetzt. Eben noch ging es um böse Erfahrungen mit Hunden oder nette Begegnungen mit Nudisten am Elbe-Seitenkanal – ich laufe dort auch regelmäßig und habe noch nie einen Nackedei erblicken dürfen! Schon nimmt er uns mit zum Hermannslauf, philosophiert über den Ehrgeiz in seiner Jugend und heute, rechnet mit dem Kategorischen Imperativ ab oder mit erwachsenen Leuten, die in der Bettwäsche ihres Lieblingsclubs schlafen. Was er vom SC Paderborn aus seiner alten Heimat hält, hat er leider nicht zu Papier gebracht…
Norbert schreibt nicht nur fern jeder Eitelkeit, sondern auch bemerkenswert offen. Wer am Verpflegungsstand drängelt oder stehenbleibt, hat keine Gnade zu erwarten. Aber genauso hart geht er ja mit sich selbst um, beschreibt seine Spleens rund um den Toilettengang vor dem Lauf ebenso wie seine Verrücktheiten im Training – wie er sich zum Beispiel mit einem Dreißiger ohne Getränke bei glühender Hitze die Form endgültig zerschossen hatte und es doch erst gar nicht wahrhaben wollte. Mein Reden: Jeden Fehler muss ein Läufer wohl erst selbst machen, um aus ihm zu lernen. Und es ist beruhigend zu wissen, dass auch ein Professor herrlich unvernünftig sein kann.
Vor allem aber geht es um den Marathon. Etwas „angedickt“ fühlte sich Norbert jenseits des 45. Geburtstags, ließ sich daher von einer Lauffreundin für die 42,195 km begeistern. Es folgte 2008 ein Debüt in Bad Salzuflen, das ähnlich verheerend ausfiel wie mein erster Marathon im gleichen Jahr auf Mallorca. Aber er blieb dabei und sammelte bei den insgesamt 21 Rennen bis Ende 2014 seine Erfahrungen. Selbstüberschätzung und mangelndes Training, Verletzungen, Hitze, Kälte, Krämpfe, ein zu hoher Erwartungsdruck – was man eben so durchzustehen hat. „Wenn ich die Berichte von 21 Marathons en bloc noch einmal lese, spüre ich die Frage in mir aufscheinen: Warum mache ich das bloß“, schreibt er. Doch er findet eine Antwort: „Es ist einfach schön, Marathon zu laufen… Es ist schön, im Lauf sich zu fühlen, eins zu sein und bei sich zu sein.“ Schöner kann ich das auch nicht formulieren.
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Ach, das liest sich ja gut. Sollte ich mal irgendwann selbst wieder laufen können, dann nehm ich mir das vor. Zur jetzigen Zeit wäre das wohl ziemlich pervers für meine Psyche.
Grmpf – irgendwie finde ich die allerbesten Buchtips gerade jetzt, wo sich mein 3-wöchiger Urlaub dem Ende neigt. Aber der kalte, dunkle Winter kommt ja erst, also genug Zeit zum Schmökern! 😉
Danke für den Tipp, liest sich, als könnte das unterhaltsame Läuferlektüre sein!
Liebe Grüße
Elke