28. März 2024

Die zwei Seiten des Sports

Sport kann so mies sein. Täglich stöhnen wir angesichts immer neuer Enthüllungen. Die FIFA – korrupt bis ins Mark. Die UEFA – kaum besser. Der DFB – wer kann noch überblicken, wer da gerade wen verklagen will, wer da was wofür an wen bezahlt hat?

Ganz schlimm sollen es die Verantwortlichen des Weltleichtathletik-Verbands mit dem langjährigen Chef Diack an der Spitze getrieben haben, die Dopingsünder offenbar im großen Stil erpresst haben. Nach dem Motto: Wer zahlt, darf weiter starten; wer nicht zahlt, wird gesperrt. Zustände wie in Chicago zu Zeiten von Al Capone. Wobei: Der Mafia-Boss hat wenigstens keine schönen Reden über die völkerverbindene Wirkung des Sports gehalten.

Sport kann aber auch so schön sein. Freitag Abend führte mich der Job zum Eishockey-Regionalligisten Adendorfer EC, am Samstag zu den Basketballern vom Team Heide, am Sonntag zum Fußball-Regionalligisten Lüneburger SK. Überall herrschte beste Stimmung, überall knieten sich die Lokalmatadoren voll rein und feierten überraschende Siege. Nirgendwo war Geld ein großes Thema – höchstens das fehlende…

Aber dann lese ich am Montag wieder eine Nachricht, die so typisch ist für die Glitzerwelt des großen Sports im 21. Jahrhundert. Wer Tickets für deutsche Spiele bei der Fußball-EM im kommenden Jahr in Frankreich zu einem Preis ab 25 Euro kaufen will, muss Mitglied des Fanclubs der DFB-Elf sein. Macht 10 Euro Aufnahmegebühr, je 30 Euro Beitrag für 2015 und 2016 – 70 Euro also, die man an einen ohnehin stinkreichen Verband zahlen muss, um überhaupt eine kleine Chance auf eine Eintrittskarte zu bekommen.

Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem sich jeder Sportfan fragen muss, ob er diesen ganzen Wahnsinn noch mitmachen sollte. Ob er unbedingt 80 Euro oder mehr für einen Lappen Synthetik namens „Away Jersey 2015/16“ zahlen soll, dessen Herstellung in Bangladesh Centbeträge kostet. Ob er am Ende doch zur Weltmeisterschaft nach Russland oder Katar fliegt, auch wenn diese Spiele nach Korruption und vielleicht sogar nach Blut stinken.

Leute, besucht lieber einmal mehr eure lokalen Helden vor Ort, als wieder vor der Glotze das 176. Toptoptop-Spiel der Saison zu bewundern. Dort könnt ihr euch vielleicht über formschwache Stürmer, arrogante Schiedsrichter oder lauwarme Bratwürste ärgern, aber wenigstens nicht über Lug und Betrug in Millionen-Dimensionen. Die Stürmer, Schiedsrichter und Bratwürste sind nächste Woche vielleicht wieder besser drauf – beim großen Sport habe ich da allerdings erhebliche Zweifel.

Foto: wikipedia

Ein Gedanke zu “Die zwei Seiten des Sports

  1. Ja, da sprichst Du mir aus dem Herzen. Und es wird dauernd noch schlimmer. Was war ich für ein Radsportanhänger, kannte jeden Profi mit Stärken und Schwächen, und ja – ich ahnte schon, dass da auch was im Argen liegt. Trotzdem brauchte es erst ein Armstrong-Desaster um mich zu heilen.

    Ich verfolge keine olympischen Spiele und keine Radrennen mehr. Im Fußball ergänzt jetzt auch noch die Korruption das Doping, das ich dort für nicht ganz so stark ausgeprägt hielt. Das ist jetzt auch vorbei. Ade WM…

    Ich bin geheilt vom Profisport.

    Naja, zumindest weitgehend 😉

    Ultratrail-running: da gab es bisher wenig Geld zu verdienen und umso epischere Leistungen. Und kaum verfolgt man es, wird es populär, fließt immer mehr Geld hinein und das ganze geht wieder los (ist natürlich noch eine Prognose).

    Wirklich bewundernswert sind für mich immer weniger die Besten als vielmehr die, die aus ihren zum Teil beschränkten Möglichkeiten das beste oder auch nur viel machen. Und die triffst du nicht in den Medien, sondern im echten Leben, bei Regionalen Läufen und vielleicht sogar auf dem ein oder anderen Laublog…

    In 20 Jahren wird die Sportwelt anders aussehen, da bin ich sicher.

    Denn wen soll eine Höchstleistung begeistern, deren Erbringer quasi „gezüchtet“ wurde?

    Ich bin gespannt…

    Gruß vom FlowRunner

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