Seine Laufbibel gilt mittlerweile als Klassiker – der 37 Jahre alte Laufmediziner Dr. Matthias Marquardt steht für das „Natural Running“, das gesunde Laufen mit einem ganzheitlichen Ansatz. Der gebürtige Soltauer hat eine Privatpraxis für Bewegungsanalyse und Leistungsdiagnostik in Hannover eröffnet, leitet Seminare und schreibt regelmäßig Beiträge für mehrere Fachzeitschriften. Und er war so nett, sich auch von mir interviewen zu lassen…
Herr Marquardt, wie sind Sie eigentlich auf ihr Thema Natural Running gestoßen?
„In meiner Leistungssportzeit litt ich an einer Verletzung nach der anderen. Ich habe mich damals nicht richtig betreut gefühlt und habe auch deshalb eine Trainerausbildung durchlaufen und bei Adidas gearbeitet. Durch mein Medizinstudium habe ich weitere Einblicke bekommen und bin dadurch hoffentlich ein patenter Laufmediziner geworden.“
Sie haben jetzt „Das große Laufschuhbuch“ herausgebracht und dabei auch fast 50 Schuhe getestet.
Haben Sie keine Angst, dass diese Tests schnell überholt sind?
„Diese Befürchtung hatten wir in der Tat. Aber wir haben ganz besonderen Wert auf die Klassiker gelegt, die seit vielen Jahren immer wieder neu aufgelegt werden. 80 bis 90 Prozent der verkauften Schuhe kommen aus dieser Ecke.“
Dabei werden doch alle paar Monate neue Modelle herausgebracht. Was ist da eine echte Innovation, was nur Schnickschnack?
„Eine Technologie, die den Läufer schneller macht, gibt es nicht, das ist nach den Gesetzen einfach nicht möglich. Es gibt leider nichts geschenkt. Aber viele Hersteller haben relevant Gewicht eingespart, mit leichteren Schuhen können Läufer besser ihr Potenzial abschöpfen. Auch ist die Fersensprengung, der Höhenunterschied von Vor- und Rückfuß, ein bisschen zurückgegangen.“
Aber nicht jeder Anfänger kann gleich mit ultraleichten Schuhen ohne Sprengung glücklich werden?
„Da muss man schauen: Welche Lauferfahrung hat er? Plagen ihn Verletzungen? Wer zum Beispiel Probleme mit dem Knie oder der Achillessehne hat, der muss in der Tat auch zurückhaltend sein.“
Wie findet man denn den richtigen Laufschuh für sich – und vor allem eine gute Beratung?
„Der Verkäufer muss drei Dinge erfragen: den Fußtyp, die Beinachse, also X-Bein, O-Bein oder gerade, und den Laufstil, Fersen-, Mittelfuß- oder Vorfußlauf. Davon hängt entscheidend ab, wo vielleicht Stützen oder Polster nötig sind.“
Der Mensch neigt zur Bequemlichkeit
Sie werben ja stark dafür, dass Läufer nicht nur laufen, sondern sich auch allgemein fit halten.
„Viele Läufer wissen ja theoretisch, wie wichtig ein Läufer-Abc oder Stabilisationstraining ist. Aber der Mensch neigt ein wenig zur Bequemlichkeit. Der beste Fuß nützt nur nichts, wenn nicht auch die Wade trainiert ist. Das erreicht man schon mit kleinen Dingen. Wer nach dem Training regelmäßig drei Runden barfuß auf einem Fußballplatz läuft, hat schon viel für die Stärkung der Muskulatur getan. Eine gute Athletik und ein Mindestmaß an allgemeiner Fitness ist wichtig für den gesundheitsbewussten wie für den leistungsorientierten Läufer.“
Welche Art von Läufern interessiert sich denn vorwiegend für „Natural Running“ und besucht ihre Seminare?
„Es gibt in Deutschland angeblich 16 Millionen Freizeitsportler, die mehr oder weniger regelmäßig laufen. Von denen laufen vielleicht 200 000 einen Marathon oder Halbmarathon. Der große Rest, für den Laufen auch wichtig ist, um die Gesundheit zu erhalten, darf sich aber ebenso angesprochen fühlen.“
Wieso waren Sie in jungen Jahren eigentlich so häufig verletzt?
„Ich hatte keine Fehlstellung, einen sauberen Laufstil und habe eigentlich auch vernünftig trainiert. Manchmal ist eine gewisse Anfälligkeit für Verletzungen aber einfach angeboren, da kann man leider nichts machen.“
Fotos: www.matthias-marquardt.com