28. März 2024

Nicht noch ein Jahresrückblick I

Meinen zweitschönsten Laufmoment des Jahres kann ich schnell benennen: Hamburg-Marathon, 29.  April, Glacischaussee. Noch knapp 600 Meter bis zum Ziel. Die Sonne lacht. Ein Blick auf die Uhr – ich bleibe im Plan. Plötzlich fühlen sich die Beine wieder gut an. Es ist doch einfach ein herrliches Gefühl, wenn man bedauert, dass der Marathon gleich vorbei ist (ich habe auch ganz andere Rennen erlebt). Und der schönste Moment?

Dieser Moment führt zur Frage, warum wir eigentlich laufen. Um mit tollen Plätzen und Zeiten anzugeben? Um fit zu bleiben, ein paar Kilos zu verlieren? Um sich mit Kumpels zu treffen, um gemeinsam Sport zu treiben? Oder doch, um beim Laufen schlicht und einfach den Rest der Welt zu vergessen? Es sind diese Glücksmomente, die sich nicht planen lassen und auf die man nicht hintrainieren kann.

Krakow-Planty1

Mein Glück finde ich zum Beispiel am 14. Oktober im Urlaub. Wir sind eine Woche lang in Krakau, einer ebenso schönen wie aufregenden Stadt. Das Letzte, woran ich dort eigentlich denke, ist Laufen. Okay, meine Schuhe habe ich für alle Fälle mitgenommen. Direkt vor unserer Unterkunft finden sich die Planty, der Park, der die historische Altstadt von Krakau umfasst. Von der alten Königsburg über die historische Universität bis hin zu malerischen Stadtmauern und -toren – auf vier Kilometern wird dort mehr an Sehenswürdigkeiten geboten, als man in manchem Bundesland in einem ganzen Leben bewundert.

An sich eine wunderbare Laufrunde. Wenn dort mal Platz wäre. Denn zu jeder Tageszeit drängen sich Einheimische und Touristen auf den Wegen – dagegen wirkte selbst die Alsterrunde in Hamburg wie ausgestorben. Bis zu dem Sonntag, als es in Krakau regnet. Und wenn es dort mal regnet (wir haben sonst in dieser Woche keinen Tropfen abbekommen), dann richtig. Gemütliches Gammeln auf dem Sofa ist angesagt. Bis ich aus dem Fenster schaue und weiß: Wenn ich hier eine Runde drehen will, dann jetzt. Ich hatte neben den Schuhen als Ausrüstung nur ein kurzärmliges Shirt und Shorts mit, war nach den ersten paar Schritten pitschepatschenass. Und nach den nächsten Schritten war mir das schon komplett egal.

Und wenn man eh schon nass ist, so denke ich nach einer Runde, dann kannst du jetzt auch noch eine zweite drehen. Ab und zu kommen mir ein paar Passanten entgegen. Sie klammern sich an ihren Schirmen fest, haben, wenn überhaupt, nur mitleidige Blicke für mich übrig. Doch irgendwann kommt mir tatsächlich ein Läufer entgegen. Ein älterer, drahtiger Herr, der lacht, als er mich erblickt, und den Daumen hebt. Ich mach‘ das gleiche. Wenn uns sonst niemand versteht, wir verstehen einander.

Nach gut acht Kilometern bin ich wieder im Trockenen. Und ich muss an ein Zitat denken, das ich irgendwo einmal aufgeschnappt habe. Sinngemäß geht es so: „Wenn ich mich irgendwann einmal nach einem Lauf nicht grundsätzlich besser fühle als vorher, dann höre ich sofort auf.“ An diesem Regensonntag muss ich definitiv nicht ans Aufhören denken.

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