Trainingsplan? Pfui Teufel, wer braucht denn so etwas? Laufen ist Freizeit – muss ich mir da wirklich vorschreiben lassen, wie lange ich wie schnell rennen soll? Ich hasse das, zumal ich berufsbedingt eben nicht zum Beispiel an festen Tagen meine langen Läufe unternehmen kann, sondern improvisieren muss. Viel besser, als starre Plänen zu folgen, ist es für Einsteiger wie Marathonis eh, die Idee hinter diesen Plänen zu verstehen. Ich bemühe mich mal darum.
Eine kleine Frage als Einstieg: Kumpel A und B haben bisher Fußball gespielt, weisen also eine gewisse Grundfitness auf, sind in etwa gleich schnell und ausdauernd und wollen nun unbedingt mal bei einem Volkslauf über 10 km ihre Kräfte messen. A spult fünfmal pro Woche brav vor dem Frühstück seine 8-km-Laufrunde ab (= 40 Wochenkilometer). B sprintet dagegen am Dienstag 6 km, läuft am Mittwoch lockere 10 km, kommt am Freitag auf 7 km mit ein paar eingestreuten schnellen Metern, vielleicht auf der Tartanbahn, und bewältigt am Sonntag richtig langsam 12 km. (= 35 Wochenkilometer). Wer von den beiden wird wohl beim Volkslauf zuerst im Ziel sein?
Qualität schlägt nicht nur in diesem Fall Quantität. Immer wieder der gleiche Trainingsreiz – das bringt’s eben nicht. Grob unterteilt, kann der Läufer seine Grundausdauer, seine Schnelligkeitsausdauer (Tempohärte) und die Schnelligkeit an sich trainieren. Wer Usain Bolt über 100 m schlagen will, braucht keine langen Läufe. Wer umgekehrt mal einen 100-km-Lauf angehen will, kann sich Sprints und Intervalle komplett schenken. Alle anderen sollten aber Tempo wie Ausdauer trainieren, auch wenn sie niemals bei einem Volkslauf an den Start gehen wollen. Mit Blick auf ihre Fitness und auf den Spaßfaktor. Denn wer will nicht auch mal Fortschitte bei sich feststellen und merken, dass die Runde, die vor einem halben Jahr noch eine richtige Qual war, sich inzwischen richtig flüssig laufen lässt?
Ach, ich hatte ja den einfachsten Trainingsplan der Welt versprochen. Der besteht aus drei Wörtern. Die ersten zwei:
Langsam steigern.
Und zwar langsam im dreifachen Sinn.
1. Schaffst du schon 5 km und willst zum ersten Mal 6 km laufen, solltest du diese neue Strecke bei ersten Versuch betont langsam angehen. Rennst du die 5 km wie üblich und quälst du dir dann den Rest irgendwie ab, dann hat das erstens keinen Trainingseffekt und zweitens macht das auch keinen Spaß. Das gleiche Prinzip gilt, wenn man eine Trainingseinheit pro Woche dazunimmt oder wenn man den Trainingsumfang insgesamt erhöht. Damit hat der Körper schon genug zu tun. Erhöht man gleichzeitig die Intensität, dann geht er endgültig in die Knie.
2. Es gibt Leute, die Anfänger innerhalb von drei Monaten fit für einen Marathon machen. Das mag klappen. Ob das aber gesund für die Gelenke ist und ob das Spaß macht, steht auf einem ganz anderen Blatt. Wesentlich nachhaltiger ist eine langsame Steigerung der Umfänge. Auch im Training. Die Zahl der Wochenkilometer sollte ebenso nur um höchstens 10 bis 15 Prozent gesteigert werden wie die Distanz der längsten Strecke, damit sich der Körper an die neue Belastung gewöhnen kann. Das gilt für den Neuling, der nach 400 m eine Gehpause braucht, ebenso wie für den Marathoni, der einige Trainingsläufe über 30 km und mehr vor seinem Rennen braucht.
3. Gerade Mannschaftssportler wie ehemaligen Fußballer, die in ihrem ersten Sportleben immer Gas gegeben haben, müssen es erst verinnerlichen: Grundlagenausdauer lässt sich vor allem durch richtig langsame Läufe steigern. Läufe, bei denen man sich noch richtig schön locker unterhalten kann und niemals auch nur ansatzweise aus der Puste kommt. Und ohne diese Grundlagenausdauer gerät selbst ein 10-km-Lauf zu einem nicht enden wollenden Marathon.
Das dritte und vielleicht wichtigste Wort heißt:
Abwechslung.
Mal schnell laufen, mal locker, mal richtig langsam. Mal in einem Tempo durch, mal mit Sprints, mal zum Schluss hin fixer. Mal im Wald, mal auf der Laufbahn, mal auf Schotter, mal auf Asphalt, mal über Stock und Stein und mitten durch alle Pfützen. Mal morgens vorm Frühstück, mal abends in den Sonnenuntergang hinein. Das sorgt nicht nur für einen guten Trainingseffekt, sondern ist auch das beste Mittel gegen Monotonie.
Genug der allgemeinen Worte. Trainingspläne mit konkreten Angaben gibt es demnächst an dieser Stelle…