28. Oktober 2024

Das Berg-Dilemma von Borstel

Fast hätte ich meine Läufe in Garstedt und Borstel in einen Text gepackt. Die Versuchung war groß: zwei ähnlich lange Läufe innerhalb einer Woche, beide nur wenige Kilometer voneinander entfernt, beide nach dem gleichen Prinzip: vom Sportplatz in den Wald und irgendwann wieder zurück. Doch die Runde beim Herbstvolkslauf des MTV Borstel-Sangenstedt hat mich gelehrt: Kein Lauf ist auch nur annähernd wie der andere.

Es fängt schon beim Wetter an: vor einer Woche herrlicher Sonnenschein, heute ist es plötzlich Herbst mit Nieselregen und Wind. Bäh! Und es geht mit der Strecke weiter. Vor zwei Jahren noch, bei meinem ersten Nach-Corona-Lauf, schleppte ich mich mehr schlecht als recht je zweimal über eine Autobahn- und eine Eisenbahnbrücke. Doch nun werden wir über eine deutlich kürzere Runde zweimal geführt. Keine Brücken! Fast bin ich schon enttäuscht, denn so bleibt doch eine recht flache Rumpfstrecke übrig. Angeblich soll jenseits der Brücken gejagt werden. Dabei ist doch 80 Prozent des Feldes in mehr oder weniger grellen Farben unterwegs. Uns kann man nun wirklich nicht für Wildschweine halten.

Kurze Panik nach dem Start: Ich habe ja gar keinen Transponder an irgendein Gelenk gebunden! Doch ich beobachte meine Nebenleute und finde auch bei ihnen keinen. Und wenn schon! Dann laufe ich halt meine Runden nur als Tempotraining. Und zur Not merke ich mir die Nummer meines Vordermanns im Ziel, um so meine nachträgliche Wertung durchsetzen zu können. Wollen wir doch mal sehen!

Borstel
So lonely! Diesmal habe ich die Düvelsbrook Dynamics allein vertreten.

 

Der Lauf ist wirklich unspektakulär. Der Wald sieht deutlich herbstlicher aus als das Gelände in Garstedt vor einer Woche, aber es lässt sich doch gut rennen. Immer noch lasse ich mir von meiner Garmin, warum auch immer, die Meilen-Zwischenzeiten anzeigen. Die liegen bei knapp unter acht Minuten. Hoppla, da könnte ich doch, auf Kilometer umgerechnet, einen Fünfer-Schnitt schaffen!

So flach die Strecke auch ist: Nach sieben, acht Kilometern habe ich nicht nur den Kontakt zu einer kleineren Gruppe vor mir verloren, sondern allmählich auch meine Motivation. Wenn irgendwelche Berge im Weg stehen, dann fluchen wir Läufer. Wenn es aber keine gibt, dann ist uns irgendwie langweilig. Mir jedenfalls.

Was mich noch motiviert, das ist die Aussicht auf eine 10-km-Durchgangszeit unter 50 Minuten. Aber plötzlich biege ich schon wieder auf den Sportplatz – und nach 9,6 km ist das Rennen vorbei. Immerhin mit einem Schnitt hauchzart unter 5 min/km, erstmals seit fünf Jahren. Okay, viel gelaufen bin ich seitdem allerdings nicht.

Kuchenauswahl
Eine gut sortierte Kuchenauswahl in Borstel. Wann sehe ich aber mal den ersten Mann hinter einer solchen Kuchentheke?

 

Auf zur dritten Halbzeit, äh, Runde. Das Kuchenbuffet sieht verlockend aus und wird von mir ausnahmsweise schon vorm Duschen geplündert. Viele Leute aus der Lüneburger Region treffe ich jetzt. „In Lüneburg ist ja nix mehr los mit Laufen“, sagen einige. Stimmt ja auch ein bisschen: Unser Salah-Cup besteht nur noch aus fünf Läufen. S wie Scharnebeck und L wie Lüneburg haben sich erledigt, eigentlich müsste er inzwischen Athaa-Cup heißen. Das Pendant im Kreis Harburg-Land heißt Heidjer-Cup und besteht aus zehn Wettbewerben, von denen ich immerhin drei schon kenne (vor Urzeiten habe ich mir Salzhausen gegönnt). Vielleicht schaffe ich es im kommenden Jahr mal am 1. Mai nach Winsen? Da geht der Cup nämlich mit dem ultraflachen Deichlauf los.

Während der Siegerehrung fängt es wieder an zu regnen. Ich harre trotzdem aus, ziehe meine Kapuze hoch und warte auf meine Urkunde. Letztlich vergebens, da waren offenbar selbst in meiner Greisenklasse (mindestens) drei schneller, in Garstedt hatte es noch zu Platz zwei gereicht. Egal – ich düse nach Hause, hole gegen 14 Uhr mein Frühstück nach. Und was passiert dann? Klar doch, die Wolken verziehen sich, und die Sonne kämpft sich durch.

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