19. April 2024

Helden gestern und heute

Ein Buch über griechische Götter und die minoische Kultur, den Kampf der Kreter gegen die deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg, über natürliches Training nach Georges Hébert, über Trakour und über Low Carb? Ja, das geht. Und das ist sogar höchst lesenswert. Christopher McDougall legt mit seinem „Handbuch des Helden“ ein derart vielschichtiges Werk vor, dass es einen umhaut. Wer sich von der dramatischen Geschichte rund um eine Rebellengruppe auf Kreta fesseln lässt, wird seine Einstellung zum Sport, ja zum Leben grundlegend überdenken.

handbuchMissverständlich ist nur der deutsche Titel: „Handbuch des Helden“, das klingt nach Anweisungen, nach Trainingsplan. Der Originaltitel „Natural Born Heroes“ erfasst viel besser, worum es geht. Um Helden im Einklang mit ihrer Natur und Kultur. In seinem Bestseller „Born to run“ ging es um Barfußläufer in Mexiko, diesmal vor allem um die Bewohner der Bergwelt Kretas, von denen viele über ebenso bemerkenswerte Fähigkeiten verfügen. Sie laufen und klettern viele Stunden, ja Tage, ernähren sich von Kräutern und Nüssen, trinken fast nichts. Nicht, um Wettkämpfe zu gewinnen, sondern um zu überleben.

Die Haupthandlung klingt irrwitzig, ist aber historisch verbürgt: Ein britisches Kommando entführt gemeinsam mit einheimischen Widerstandskämpfern 1944 den deutschen Kommandeur Heinrich Kreipe, taucht in Kretas Bergwelt unter und bemüht sich drei Wochen lang unter permanenter Todesgefahr, gemeinsam mit dem Offizier die von 40.000 Soldaten besetzte Insel zu verlassen. Das gelingt nur dank der Beharrlichkeit und dem Mut der Kreter, von denen die britschen Spezialagenten erfolgreich gelernt haben.

McDougall arbeitet dabei mit zahlreichen Rückblenden und einer Rahmenhandlung in der Gegenwart, ohne dabei den roten Faden zu vernachlässigen. Er weist energisch auf den ursprünglichen Sinn jeglicher Bewegung hin: überleben. Der ideale Athlet soll drahtig und geschmeidig sein, ja nicht muskulös wie ein Arnold Schwarzenegger. Von Fitnessstudios hält er ebenso nichts wie von allzu einseitigem Training einer Sportdisziplin, etwa Laufen. Eine Frau, die auf Yoga schwört, wird im Verlauf der Handlung gefragt, ob sie sich denn Angreifern mit einem Sonnengruß erwehren kann…

Ähnlich vehement plädiert der Autor für eine natürliche Ernährung mit viel Fett und Eiweiß, verdammt Kohlenhydrate im Allgemeinen und Sportgetränke im Besonderen. „Helden sind Beschützer“, meint McDougall, „und wenn man ein Beschützer ist, bedeutet das, dass man Kraft für zwei hat.“ Helden sind nicht nur gesund, sondern zeigen grundsätzlich auch Mitgefühl für andere Menschen. Helden brauchen keine Handbücher dieser Art. Wir normalen Menschen schon.

Das Buch wurde mir vom Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Erhältlich ist das Handbuch des Helden: Auf der Suche nach den Geheimnissen von Kraft und Ausdauer unter anderem bei Amazon. 

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