19. März 2024

Im Höhentrainingslager

Tja, da platzt ihr hoffentlich alle vor Neid: Ein Laufblogger kommt ganz schön herum. Mit Strandfotos aus der Karibik kann ich aber ebenso wenig dienen wie mit Streifzügen durch den Urwald auf Papua-Neuguinea. Viel besser: Nach ein paar Runden durch die rheinhessischen Weinberge stand jetzt mal die südniedersächsische Wildnis an. Viele Berge, noch mehr Schnee. Und die Erkenntnis, dass mancher Volkslauf erst noch erfunden werden muss.

Der wilde Südwesten des Landkreises Göttingen glänzt leider nicht gerade mit vielen Lauf-Highlights. Dabei hat er ebenso idyllische wie fordernde Ecken zu bieten. Zum Beispiel rund um Scheden, einem Ort, der berühmt ist für … äh, da muss ich nochmal nachfragen.

Aber die Natur drumherum, die hat es in sich. Unser erstes Ründchen führt uns erst Richtung Schedetal, dann zum Klusteich. Die Läuferin auf Kleinstniveau schlägt eine Ehrenrunde Richtung Heede Waldhotel vor. Der Nieselregen geht in Schnee über, unser Atmen in Keuchen. Wunderschön hier – aber so steil. Am Ende haben wir auf 11 Kilometern gut 282 Höhenmeter geschafft (und am nächsten Tag Muskelkater in ungewohnten Gefilden). Und ich habe immer wieder gedacht: Hier könnte ein so schöner Volkslauf stattfinden. Und ich würde alle extra einladen, die immer über die bösen Berge in Westergellersen oder Scharnebeck schimpfen.

Nächster Ausflug, diesmal die zweimal Hausrunde der Läuferin. Ein bisschen raus aus dem Örtchen, Kurve und wieder rein. Scheden präsentiert sich an diesem Tag erst recht wie Schweden. Schnee und Eis überall. „Pass auf, hier ist glatt“, warne ich meine Mitstreiterin noch, wechsle die Spur – und lande selbst auf dem Hosenboden. Ein hübsches Ründchen jedenfalls mit nur 139 Höhenmetern und freier Sicht auf den Gaußturm. Dahin wollen wir doch auch mal.

Zwei Tage später ist es so weit. Gaußturm heißt unser Ziel. Nur knapp vier Kilometer entfernt (wenn man den richtigen Weg gefunden hätte), allerdings auf 500 Meter Höhe und tief verschneit. Wir laufen diesmal nicht, sondern wandern. Hart genug, wenn man nur semipassendes Schuhwerk und keine Kanne Kaffee dabei hat. Denn das Café im Gaußturm – gebaut in einem Stil, den man ungefähr 1980 für modern hielt – ist seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten geschlossen. Und wir stapfen zurück über den Studentenpfad, der alles ist, nur nicht die kürzeste Verbindung zwischen dem Gaußturm und Scheden.

Stundenlang treffen wir keinen Menschen. Ein paar Tage später hätten wir übrigens beim Gaußturm-Cross viele Laufverrückte gesehen. Wenn ich mir diese Bilder anschaue, weiß ich doch, dass ich Cross an sich recht faszinierend finde, so schnell aber wohl doch keinen rennen werde. Jedenfalls nicht auf 500 Meter Höhe im Schnee…

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