10. November 2024

Im Zeichen der Entschleunigung

Sekt oder Selters? Beatles oder Stones? BVB oder Schalke? Gerührt oder geschüttelt? Immer diese grundsätzlichen Fragen, die man sich so im Leben stellt. Wer beim SALAH-Cup in und um Lüneburg teilnimmt, muss sich achtmal pro Jahr entscheiden: Zehner oder Halbmaraton? Seit Jahren bin ich Stammgast in Hohnstorf, habe mich aber noch nie an den Halbmarathon herangetraut. Aber jetzt war ich mutig.

Der Zehner bietet den Vorteil, relativ schnell damit fertig zu sein, warme Duschen sowie die volle Auswahl am Kuchenbüffet zu bekommen. Dafür muss man aber so hetzen (muss man ja eigentlich nicht, aber wer läuft schon einen gemütlichen Zehner?). Der Halbmarathon dauert elend lang. Dafür kann man sich aber das Tempo einteilen, hat in der Regel auch nicht so viel Gedrängel um sich herum. Für den ersten Volkslauf im neuen Lebensjahrzehnt schien mir also im Zeichen der Entschleunigung und auf dem Weg zur vollkommenen Gelassenheit der längere Lauf angebracht.

In Hohnstorf ist es immer entweder heiß oder stürmisch. Dafür hat man nach ein paar hundert Metern mit dem „Anstieg“ zum Elbdeich schon den größten Anstieg hinter sich. Zwei eiserne Regeln, die diesmal aber gewaltig Rost ansetzten. Erstens: Es war recht kühl, aber die Windräder drehten sich allenfalls träge. Zweitens: Auf der Halbmarathonstrecke warteten ein paar kleine, aber fiese Anstiege, die selbst einen frischgebackenen Hermann wie mich ein wenig aus der Puste brachten.

Nach fünf Kilometern kam der Sekt-oder-Selters-Punkt: Zehner nach links, Halbmarathonis nach rechts. Ich bog nach rechts ab. Hoch auf den Deich, wieder runter in die Marsch, wieder hoch. Und dann erst die Brücke über den Elbe-Seitenkanal bei Fischhausen, die ich schon manchmal auf meinen superlangen Runden von Lüneburg aus passiert hatte – und die immer in die Beine ging. Eine tolle Aussicht hätte ich hier genießen können, wenn ich mit Brille laufen würde. So sah ich wieder einmal nur ein paar bunte Punkte und viel Grün.

Bis Kilometer 14 lief ich halbwegs locker meine Möchtegern-Marathonpace, irgendwo zwischen 4:40 und 4:45 pro Kilometer. Dann aber sah ich Knut (meine Altersklasse!) vor mir, den musste ich doch kriegen. Dann den Kerl im roten Shirt. Dann irgendwann Sven, der mal wieder etwas schneller angegangen war, sowie einen Menschen, der auch in blau-orange herumlief wie ich. Kurzum: Auf dem letzten Drittel erwachte der Ehrgeiz in mir.

Zwei Kilometer vor Schluss war ich alle – kein Wunder, hatte ich im Mai doch keinen einzigen langen Lauf abgespult. Aber der Knut, der Rote, der Sven, und der Blau-Orangefarbene, die sollten mich doch nicht mehr zurück überholen. Also biss ich auf die Zähne und schaffte es noch mit einem Lächeln ins Ziel. Vor der ganzen Meute.

Soviel also zu meinem Plan, mich nur ein bisschen warm zu laufen für die Sommersaison, soviel zur Entschleunigung. Und ich Depp will in fünf Tagen einen schnellen Zehner rennen – ausgeruht selbstredend. Ich nehm‘ mir am besten vier Tage frei.

 Fotos: Mike Bitthöfer, TuS Hohnstorf Basketball

PS: Eine richtig tolle Fotogalerie findet sich auf der Homepage des TuS Hohnstorf. Ich bin aber eindeutig dafür, Aufnahmen mit dem Teleobjektiv auf den letzten Kilometern zu verbieten,

Ein Gedanke zu “Im Zeichen der Entschleunigung

  1. Hihi so ist das wenn man auf den letzten km noch Ehrgeiz entwickelt. Das hat ich auch schon oefter. Gute Erholung und viel Erfolg fuer den 10er.

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