28. März 2024

Wir basteln uns eine Marathon-Bestzeit

Trainingsplan – ein Wort, das gleich zwei Reizpunkte setzt. Man soll also nicht nur einfach trainieren, sondern dies auch noch planen. Wer einen Marathon halbwegs würdevoll beenden will, kommt um eine gewisse Vorbereitung einfach nicht herum. Ehrgeizige kaufen sich einen Plan bei Greif, kopieren den von Steffny oder Marquardt. Andere vertrauen auf den Plan ihres Lauftreffleiters oder aus einer Fachzeitschrift. Ganz Mutige laufen einfach ein paar Wochen so weit, wie sie nur können, und hoffen, so irgendwann bei 42 anzukommen. Und ich?

duesseldorfmarathon2012-08

Erstens mag ich keine allzu starren Pläne. Zweitens bringt es mein Beruf mit sich, dass ich häufig abends oder sonntags unterwegs bin. Also ist eine gewisse Flexibilität angesagt. Meine Überzeugung: Es ist viel wichtiger, Trainingspläne zu verstehen und sie bei Bedarf den eigenen Fähigkeiten anzupassen, als sklavisch die Kilometer herunterzuspulen. Meinen Fall will ich natürlich auch nur als ein Beispiel darstellen, den nun wahrlich niemand exakt folgen soll. Aber wenn ich ein paar Anregungen geben kann – um so besser. Wollen wir also mal, und das möglichst ohne Fachchinesisch und allzu weitschweifige Erklärungen, basteln.

Grundsätzlich: die Länge des Trainings

Wie viele Wochen wollen wir vor Marathon trainieren? Gehen wir mal davon aus, dass wir alle im Winter nicht zu faul waren, also 20 km am Stück locker durchlaufen können.  Gute Erfahrungen habe ich mit einer 3-1-Periodisierung gemacht: drei Wochen hart trainieren, eine Woche Regeneration. Wenn man diesen Rhythmus dreimal schafft und am Ende zwei Wochen Tapering vor dem Wettkampf einplant, dann sind wir bei diesem Trainingsaufbau: 3 Wochen hart (H), 1 Regeneration (R), 3 hart, 1 Regeneration, 3 hart, 2 Tapering (T). Macht zusammen 13 Wochen gleich ca. drei Monate. Ich laufe erst in 15 Wochen, werde aber trotzdem schon jetzt mit dem eigentlichen Marathontraining einsteigen, damit ich mich langsamer steigern kann. Also 3 H -1 R -4 H -1 R -4 H -2 T.

Und wie oft? Vier Einheiten pro Woche gelten als Mindestmaß, wobei man nicht unbedingt viermal laufen muss. Dazu später – einige ehrgeizige Freizeitsportler kommen auf bis zu sechs Einheiten. Einen Tag sollten sich aber alle freihalten. Nicht nur, damit die Knochen halten, sondern auch, damit die sozialen Kontakte nicht verkümmern. Wäre ja blöd, wenn man nicht mehr vor den Freunden mit der Marathon-Bestzeit angeben kann, weil man gar keine Freunde mehr hat.

Die allerwichtigste Einheit: Grundlagenausdauer

Klar, das Ankommen ist das Wichtigste. Deshalb muss der Körper vorsichtig an lange Belastungen herangeführt werden. Das geht am besten über langsame, lange Läufe. Zu langsam kann man diese Läufe eigentlich nicht bewältigen, zu schnell ist eher die Regel. Faustregel Nummer 1: Man sollte pro Kilomter eine gute Minute mehr benötigen als im Marathon-Ernstfall. Wer also einen Schnitt von 5 Minuten/km laufen will, sollte die Long Jogs mit einem Sechserschnitt laufen. Nummer 2: Man sollte am Ende immer noch Reserven haben. Wer sich dem Ziel nur noch entgegenschleppt, ist entweder zu schnell gelaufen oder hat sich eine zu lange Distanz zugetraut. Nummer 3: Pro Woche nicht mehr als ca. 10 bis 15 Prozent draufpacken – beim Gesamtumfang wie bei der längsten Strecke.

Ich beginne bei 22 km. Da ich in der dritten Woche einen 27-km-Wettkampf einlege, werde ich in der zweiten Woche ca. 25 km laufen.  Insgesamt ergibt sich dann für die kommenden 15 Wochen folgender Rhythmus:

3 hart: 22 – 25 – 27.
1 Regeneration: 18.
4 hart: 25 – 27 – 30 – 30.
1 Regeneration: 18.
4 hart: 27 – 30 – 32 – 32.
2 Tapering: 18 – 0.

Manche Experten empfehlen sogar 35er als längste Runde, anderen reicht ein 28er völlig. Meine Meinung: Man sollte schon so lange, wie man es kann, laufen, es darf aber nicht zu einer Quälerei ausarten, von der man sich dann tagelang – oder gar bis zum Marathon – nicht mehr richtig erholt.  Fünf Läufe um 30 km herum sollten es sein. Am Anfang ist es vor allem wichtig, sie überhaupt flüssig und gleichmäßig durchlaufen zu können. Ab dem dritten darf man auch mal versuchen, auf den letzten 5 km etwas schneller zu werden – die berühmte Endbeschleunigung.

Die zweitwichtigste Einheit: Tempohärte

Wer 42 km in einem bestimmten Tempo möglichst gleichmäßig bewältigen will, sollte möglichst exakt dieses Tempo auch schon im Training anstreben – zumindest einmal pro Woche. Gerade am Anfang fällt es schwer, den Luxuskörper wieder zuverlässig auf dieses Betriebstempo zu bekommen, da sind 6 bis 8 km (jeweils mit Ein- und Auslaufen) schon eine Herausforderung. Diese Einheiten sollte man ja auch hinbekommen, ohne in Sauerstoffschuld zu geraten. Mein Aufbau im Groben:

3 hart: 6 – 8 – 10
1 Regeneration: 8.
4 hart: 10 -12 -12 – 14.
1 Regeneration: 8.
4 hart: 12- 14 – 14 – 16.
2 Tapering: 10 – 0.

Zum Trainieren des Marathontempos empfiehlt sich auch ein Test im Rahmen der Vorbereitung. Ich hatte im vergangenen Jahr einen ersten lockeren Halbmarathon im Marathontempo versucht – und bin dann zwei Monate später bei der 21,1-km-Zwischenzeit auf die Minute gleich schnell gewesen.

Die drittwichtigste Einheit: Intervalle

Bäh, Intervalle! Erst mal die gute Nachricht für alle Leute, die einfach nur ankommen und/oder ihren Spaß ohne Blick auf die Zeit haben wollen: Ihr braucht kein einziges Mal in der Vorbereitung wirklich Gas geben, ihr müsst keine Laufbahn betreten. Und die mäßig gute Nachricht für Leute ab 40: In eurem (bzw. meinem) biblischen Alter ist allzu hartes Intervalltraining eher schädlich, weil es Verletzungen provozieren kann – ich habe es auch schon leidvoll spüren müssen, dass meine alten Knochen für 400-m-Läufe nicht mehr so recht geeignet sind. Die schlechte Nachricht: Wer schon eine halbwegs vernünftige Ausdauer hat, aber einen Marathon noch schneller laufen will, kommt zumindest um etwas Tempotraining nicht herum.

Klassisch beginnt man mit 400-m-Läufen und steigert allmählich die Umfänge. Ich beginne gleich mit 800ern, die ich dann möglichst in meiner gewünschten Marathonzeit laufe. Also: Wer von einer 3:24 träumt, kann 800er ganz gut in 3:24 Minuten laufen – das ist dann in etwa sein 10-km-Renntempo. Keine vollständige Erholung, also z.B. 800 lockere Meter – und die nächsten 800 warten. Ziel ist es natürlich auch hier, das Tempo mindestens zu halten. Es folgen dann 1000er, 1500er, 2000er – und als Abschluss in der vorletzten vor dem Marathon 3 x 4000 Meter im Halbmarathon-Tempo.

Hier verzichte ich mal auf exakte Längenangaben, zumal ich solche Einheiten gern auch durch Fahrtspiel-Läufe ersetze. Grob nur diese Einteilung:

3 hart: 400er oder 800er.
1 Regeneration: 0
4 hart: 1000er oder 1500er.
1 Regeneration: 0
4 hart: 2000er oder 3000er.
2 Tapering: 3 x 4000 – 0.

Und die Wettkämpfe?

Absolut unverzichtbar ist zumindest für mich ein volle Pulle gelaufener Halbmarathon zirka vier Wochen vor dem Marathon. Allein schon, um in etwa die Zielzeit und damit eine Marschtabelle für den Marathon errechnen zu können – Cracks können die Halbmarathon-Zeit verdoppeln und 10 Minuten draufschlagen, ich muss eher 12 bis 13 Minuten addieren. Wichtig ist aber, dass man nach diesem Halbmarathon-Test noch ein bis zwei lange Läufe absolvieren kann. Absolut empfehlen kann ich für Leute aus meiner Region den Hamburger Halbmarathon der LG HNF, der in diesem Jahr am Ostermontag, 1. April steigt, also exakt 20 Tage vor dem Hamburg-Marathon (und 27 vor Düsseldorf).

Ansonsten sollte man es mit den Volksläufen nicht übertreiben und schon gar nicht lange Läufe streichen, um irgendwo auf dem Dorf einen schnellen Zehner zu rennen – das geht auf die Substanz. Ebenso gefährlich wäre es, wiederholt unter der Woche weniger intensiv zu trainieren, nur weil man am Sonntag fit für den Wettkampf sein will. Es zählt die Form am Marathontag, nicht die Zeit ein paar Wochen vorher.

Auch wichtig: nicht immer nur laufen!

Wenn’s in den Gelenken und Sehnen zwickt, kann man die langen Läufe durch Rad fahren ersetzen (Zwei Stunden Rad fahren entsprechen dabei von der Belastung ca. einer Stunde laufen). Besser ist es, es erst gar nicht dazu kommen zu lassen. Wichtiger als die Anzahl an heruntergelaufenen Kilometern ist die Qualität des Trainings. Und es spricht absolut nichts dagegen, die lockere 10-km-Runde durch eine Radtour oder einen Besuch im Hallenbad zu ersetzen – solange man dort nicht nur Arschbomben vom Dreier übt.

Ich habe mir zudem fest vorgenommen, in diesem Jahr niemals meine Pilates-Stunde wegen der Rennerei ausfallen zu lassen, will auch immer brav an  Lauf-Abc und Koordinationstraining denken.

So, nun steht mein schöner, bunter Trainingsplan – in der Hoffnung, dass ich wenigstens 90 Prozent davon auch tatsächlich laufen werde.

PS: Gestern unterhielt ich mich beim Lauftreff mit einem Greif-Jünger über Pläne – der alte Seesener empfiehlt tatsächlich auch einen langen Lauf, einen Tempolauf und eine Intervalleinheit pro Woche. Man kann das Rad also doch nicht ständig neu erfinden.

2 Gedanken zu “Wir basteln uns eine Marathon-Bestzeit

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