Vor ein paar Jahren habe ich mich vor diesem Moment noch gefürchtet. Inzwischen habe ich mich gut mit ihm arrangiert. Der Moment, in dem mir endgültig klar geworden ist, dass ich altersbedingt stetig langsamer werde. Ich hab’s gerade beim Schiffshebewerk-Volkslauf in Scharnebeck erlebt. Der Moment, ab dem Bestzeiten einfach nicht mehr zählen, weil sie nicht mehr erreichbar bin.
Dabei habe ich mich durchaus angestrengt. Habe mir den Halbmarathon halbwegs vernünftig eingeteilt und auf den letzten Metern hoch Richtung Ziel ordentlich auf die Zähne gebissen. Und ich habe meine Zeit durchaus akzeptabel gefunden. Bis zu dem Moment, als ich sie mit meiner Leistung beim Lauf vor fünf Jahren verglichen habe – sechs Minuten langsamer! Was für ein Schock.
Nun, ich könnte den Matsch als Entschuldigung anbringen. Den böigen Wind. Mache ich aber nicht, weil 2014 ganz ähnliche Bedingungen herrschten. Wie fast immer in Scharnebeck. Wenn man dort Mitte März nicht gerade zehn Zentimeter Neuschnee vorfindet oder wenigstens Eisplatten, wenn die Windstärke noch im einstelligen Bereich liegt, dann sind die Bedingungen doch schon fast ideal. Jedenfalls für Scharnebecker Verhältnisse.
Nun, vor exakt zwölf Jahren – im zarten Alter von 42 – habe ich meinen allerersten Wettkampf auch in Scharnebeck bestritten. Damals war ich ein blutiger Neuling. Mittlerweile bin ich schon der Alte, der Volkslauf-Anekdoten aus vergangenen Jahrzehnten erzählen kann und mindestens die Hälfte des Teilnehmerfeldes persönlich kennt. Die ältere Hälfte, natürlich.
Was mir an jugendlichem Schwung allmählich abhanden kommt, versuche ich durch Erfahrung wett zu machen: Ich habe mich diesmal sogar ein Viertelstündchen vorm Start richtigerweise dafür entschieden, die Laufjacke und die lange Hose im Rucksack zu lassen. Erfroren bin ich noch nie im Wettkampf, ordentlich geschwitzt habe ich schon häufiger, Und ich habe vom ersten bis zum letzten Meter immer andere Läuferinnen oder Läufer um mich herum, die mich ziehen, die ich ziehe. Eigentlich doch alles optimal geplant, oder?
Und trotzdem: mehr als sechs Minuten langsamer! Das sind gut achtzehn Sekunden pro Kilometer, das wären zwölf Minuten auf einem Marathon. Welten! Wenn ich also in sechs Wochen in Mainz zu meiner nächsten großen 42,195-km-Runde starte, darf ich überhaupt nicht mehr an meine Bestzeit von 3:27 denken, weil die auch schon sechs Jahre auf dem Buckel hat. Dann darf ich mit einer 3:39 sehr zufrieden sein. Und ich wäre es auch.
Noch zufriedener wäre ich aber, wenn ich wie jetzt in Scharnebeck die Uhr einfach Uhr sein lasse und laufe. Voller Genuss, befreit vom Gedanken, irgendeine magische Grenze knacken zu müssen. Weil es eh nicht geht. Weil ich einfach entspannt und glücklich loslaufen kann, frei von Leistungszwängen wie Buddha, wenn auch möglichst nicht mit dem gleichen Bauchumfang – mit dem obersten Ziel, möglichst ebenso entspannt und glücklich das Ziel zu erreichen.
Hallo Saffti,
ich bin 67 und habe mir zum Ziel gesetzt, mit 70 noch Maras laufen zu können. Entspannt und glücklich – genau so!
Gruß Barbara