28. März 2024

Kurz und schmerzlos

Heute überkam mich die Lust auf einen flotten Zehner, auf einen spontanten Quickie mitten in der Natur… Nein, so wird das nichts. Ein 10-km-Lauf ist schließlich eine ernste Angelegenheit, zumal wenn er gleichzeitig als mein erster hochoffiziell ausgemessener Zehner in meine Laufgeschichte eingehen soll. Der Straßenlaufcup der Leichtathletik-Gemeinschaft Hausbruch-Neugraben-Fischbek (LG HNF) bietet mitten im Niemandsland zwischen Hamburg und Niedersachsen einen Straßenlaufcup an, bestehend aus einem Zehner, einem 15-km-Lauf und einem Halbmarathon. Wer alle Zeiten addiert, weiß dann in etwa die Zeit, die er beim Hamburg-Marathon erreichen kann. Da will ich ja gar nicht starten. Und leider habe ich auch nur Zeit für den Zehner. Doch auch die kleine Runde hat bei mir für großen Lernerfolg gesorgt.

Morgens um neun steuerte ich also mit meinem Chauffeur Alexander T. den Parkplatz Langenrehm nahe dem Buchholzer Dreieck an. Während das Dreieck als ein Knotenpunkt des norddeutschen Autoverkehrs berühmt-berüchtigt ist, tummelte sich auf dem Parkplatz ein überschaubares Völkchen, das äußert drahtig und motiviert wirkte. „Mehr als die Hälfte hier sind bestimmt Triathleten“, erkannte Alexander seinesgleichen sofort an hautengen Oberteilen mit zwölf Werbebotschaften, stylischen (wie ich dieses Wort verachte) Sonnenbrillen, die angesichts des wolkenverhangenen Himmels so bitter nötig waren wie Sonnencreme und Planschbecken, sowie besonders schrill-buntem Schuhwerk. Da wurden selbst meine quiekgelben Sayonara blass von Neid. Die Organisatoren hatten dagegen nur das kleine Besteck mitgebracht. Im himmelblauen VW Bully versteckte sich die Zeitnahme. Daneben stand ein dunkelgrüner Pavillon aus dem Baumarkt mit netten Leutchen, bei denen ich vorm Lauf meine Nachmeldung abgab und nach dem Lauf einen Becher Tee bekam.

Das war absolut alles an Organisation. Mehr verlangte aber auch niemand. (Gut, ich hätte auch nichts gegen ein Kuchenbüffet gehabt.) Denn allen ging es hier nicht um Schicki-Micki oder achso tolle Lauferlebnisse, alle wollten einfach nur einen nüchternen Zehner laufen. Dieser hier bestand aus einem Wendekurs, fünf Kilometer bis zur Autobahnbrücke über die A1 (oder war’s die A261?) und fünf zurück. Gleich hinter der Startlinie ging es steil bergab. Damit schloss Sherlock Saffti, dass es auf den letzten Metern noch einmal fies bergauf gehen würde. Also bloß Körner aufbewahren.

Und los ging’s. Auf den ersten fünf Kilometern, überwiegend bergab und mit ein bisschen Rückenwind, fühlte ich mich fast wie Mo Farah. Viel zu weit weg vorm Wendepunkt kamen mir die Allerschnellsten entgegen. Natürlich die Jungs, die auch bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt beinhart in kurzen Klamotten liefen, weil das einfach Ehrensache ist, sowie eine junge Frau, die durchaus einige Mühe in ihr überwiegend pinkfarbenes Outfit gesteckt hatte und einen unverschämt lockeren Laufstil demonstrierte. „Die gewinnt in Hamburg alles“, erklärte mir ein Mitläufer. Und weil sie das weiß, brezelt sie sich offenbar schon vor dem Start für die Siegerfotos auf.

Ab Kilometer sechs wurden meine Beine allmählich schwerer. Ich suchte die Bereitschaft, das Letzte aus mir herauszukitzeln, fand sie aber nicht in mir. 44:35 hatte ich bisher als inoffiziell beste Zehner-Zeit stehen – eine Zwischenzeit zwar nur, aber bestens trainiert und ausgeruht im Flachland auf ebener Straße. Kilometer neun passierte ich nach glatten 40 Minuten. Austraben ging also nicht! Ich übte mich in positiver Eigenmotivation: „Los, du Penner!“, beschimpfte ich mich lautlos, „du ärgerst dich doch wieder tagelang, wenn du jetzt ein paar Sekunden zu langsam bist. Das ist hier nicht der Hermannslauf, das sind 20 Meter Höhenunterschied!“

Ich hörte auf mich und kam nach 44:24 Minuten ins Ziel. Höchst erfreulich, denn das ist erstens nun meine offizielle Bestzeit und sollte zweitens noch zu steigern sein, da ich drittens doch relativ locker gelaufen bin, mich nicht schon nach wenigen Kilometer kurz vor der Kotzgrenze oder kurz hinter der Wozu-quäl-ich-mich-eigentlich-Mauer befand wie so oft im vergangenen Herbst. Nun trainiere ich fleißig und teste in vier Wochen in Scharnebeck nochmals meine Form. Dann mal wieder auf einem flotten Zehn-komma-irgendwas-Kurs. Schade eigentlich.

4 Gedanken zu “Kurz und schmerzlos

  1. Hallo und Glückwünsch zum ersten Zehner. Finde solch kleinen Läufe immer sehr entspannend, nicht viel Gedränge einfach an die Startlinie und los geht es 🙂 Obwohl ein bisschen Kuchen am Schluss ist für mich schon fast Kult und gehört dazu, Belohnung muss sein 🙂

    Viele Grüße
    Oliver

  2. Hallo Andreas,

    Glückwunsch zur ersten offiziellen Bestzeit 🙂

    Die Idee der Veranstalter, die Zeiten über 10, 15 und 21km zu addieren, finde ich ziemlich cool. Würde mich interessieren, ob das dann am Ende mit der Marathin-Zeit tatsächlich halbwegs hinkommt.

    Viele Grüße

    Michael
    (Mudder Guide)

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