19. März 2024

Ziele braucht der Mensch

Warum laufe ich? Um fit und gesund zu bleiben, klar doch. Weil’s Spaß macht, jedenfalls meistens. Weil ich da viele nette Leutchen treffe, natürlich. Aber ganz ehrlich: Würde ich auch so viel laufen, wenn nicht irgendwann in ein paar Wochen oder Monaten ein Rennen ansteht, bei dem ich nicht allzu fürchterlich einbrechen will? Laufe ich eigentlich überhaupt – oder trainiere ich doch nicht eher? Würde ich auch laufen, wenn ich für nichts trainieren müsste?

Im vergangenen Herbst war die Sinnkrise da: Ich hatte viel um die Ohren und läuferisch wenig vor, kränkelte mal hier, schwächelte mal da. Kuirzum: Ich habe im kompletten November 2016 ein einziges Mal allein und aus freien Stücken eine Runde gedreht – und selbst die, bescheidene elf Kilometer lang, musste ich zwei-, dreimal kurz für Gehpausen unterbrechen. Es war ein Jammer. Aber ich hatte ja keine Ziele mehr.

Inzwischen habe ich meine Form im Dezember und Januar leidlich restauriert, ohne es übertrieben zu haben. Aber wofür soll ich denn laufen? Dass meine Liebste und ich heiraten, haben wir mal spontan keine sechs Wochen vor dem Gang aufs Standesamt beschlossen. „Nächstes Jahr?“, fragte die Beamtin noch entgeistert. „Nee, dieses“, versicherten wir. Doch so kurzfristig wie eine Hochzeit kann man doch keinen Marathon planen.

Ich muss gestehen: Ich bin Frühanmelder. Dass man so häufig ein paar Euro spart, ist wirklich kein Argument. Wie oft bin ich dann doch nicht wegen Krankheit, Hitzewelle oder Aua am Fuß angetreten! Ab und zu muss man sich schon spurten, um überhaupt einen Startplatz zu bekommen (Hermannslauf – wer’s am ersten Tag der Anmeldung nach dem Frühstück versucht, der hat schon verloren). Mir geht’s aber vor allem um den Tritt in den eigenen Hintern: In wenigen Wochen laufe ich ja schon x Kilometer in Y-Hausen, also tu mal was! Hilft auch, meistens jedenfalls.

Andere Läufer sehe ich immer wieder am Nachmeldeschalter: Die überlegen am Sonntag morgen spontan, ob sie überhaupt Lust haben und ob sie den Halbmarathon in Angriff nehmen oder lieber doch nur den Zehner. Ich würde ohne verbindliche Anmeldung ganz sicher meinen Wecker an die Wand werfen und weiterpennen. Es gibt ja sogar Menschen, die ganz ohne Wettkämpfe einfach so freiwillig laufen und zwar durchaus oft.

Kollege K. etwa rennt fast täglich um sein Dorf herum, hat aber null-komma-null Interesse daran, mit anderen oder gegen andere zu laufen. Freundin N. träumte irgendwann mal von einem Marathon, startet aber allenfalls einmal pro Jahr über fünf oder sechs Kilometer, um im Ziel beneidenswert frisch als Gesamt-Dritte oder -Vierte anzukommen und schamlos zu lügen: „Mehr schaff‘ ich doch gar nicht.“

Ich will wieder mehr schaffen. Weil das als Sportjournalist mit den spontanen freien Sonntagen gar nicht so einfach ist, habe ich mir den 26. März schon mal für einen Vorbereitungslauf freigehalten (Kieler Brückenlauf? Halbmarathon durchs Alte Land? Einmal zum Bäcker und zurück?) und Urlaub für Ende April eingereicht. Am 23. April locken Enschede, der Darß, Wien oder Hamburg (ungefähr in dieser Reihenfolge), am 30. April Düsseldorf, Dresden, die Harz-Querung (die ich sicher nur in einem Anfall vom Trump’scher Selbstüberschätzung in Angriff nehmen würde) oder Krakau. So viele hübsche Bräute, welche soll ich nur heiraten?

Von Ende März bis Ende Juni habe ich jedenfalls jetzt acht Starts im Visier (und mich noch nirgendwo angemeldet). Naja, besser ein paar Ziele zu viel als gar keins…

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