21. November 2024

Achtung, EM-freie Zone

Kein Wort über Fußball! Abends kickt die deutsche Nationalmannschaft gegen die Ukraine. Zuvor fahre ich aber zur weltbekannten Arena des Dahlenburger SK, um meine Vorrundenform beim Moorlauf zu überprüfen. Hier finde ich nicht nur 24 teilnehmende Nationen, sondern sogar 244 Starterinnen und Starter vor. Keine von der Uefa verordnete Aufblähung, sondern einfach Zeugnis der tollen Arbeit der DSK-Leutchen, die mal wieder alles perfekt und mit viel Charme organisiert haben.

Anpfiff, äh Start zum Lauf über 8,8 Kilometer. Ein paar Flügelflitzer von der Schule Marienau legen gleich ein mörderisches Tempo vor. „Vernünftige Einteilung eines Volkslaufs“ scheint nicht auf dem Lehrplan des Internats zu stehen, aber ich hefte mich leichtsinnigerweise trotzdem an die Fersen der Jungs und gehe wieder einmal den ersten Kilometer viel zu schnell an. Keuch.

Es nieselt immer noch leicht. Die Streckenposten feuern uns in Ermangelung anderer Zuschauer am Wegesrand umso frenetischer an. Die heimische Bevölkerung schläft sich wohl mit Blick auf das Ukraine-Spiel aus. Diverse schwarz-rot-goldene Fähnchen flattern im nicht vorhandenen Wind. Auf einem Dach sehe ich sogar eine Flagge aus der Schweiz. Oder steht hier das Hauptquartier des Roten Kreuzes?

Nach fünf Kilometern überholt mich wie fast überall in Norddeutschland Reinhard aus Thomasburg. Ein paar Schritte lang denke ich noch an Verfolgung, doch der Schlappschritt in mir siegt und ich verliere immer mehr an Fahrt. Wollte ich nicht eigentlich in zwei Wochen in Hannover meine 10-Kilometer-Bestzeit in galaktische Höhen steigern? Bei Kilometer sieben – Reinhard ist nur noch als kleiner Punkt am Horizont erkennbar – habe ich Hannover gestrichen. Bestzeiten werden eh überschätzt.

„Das sieht doch noch gut aus!“, brüllt eine Helferin begeistert, als ich in die Straße Richtung Sportplatz abbiege. „Sieht nur so aus“, antworte ich knapp. Ein bisschen Puste brauche ich ja noch für die Stadionrunde. Was für ein erhebendes Gefühl waren doch neulich die letzten 300 Meter im Berliner Olympiastadion. Da hält Dahlenburg leider nicht ganz mit.

Immerhin habe ich wohl zum allerersten Mal einen einstelligen Platz im Gesamtklassement belegt. Hurra, Siebter! Eine halbe Minute langsamer, und ich hätte als Zehnter übrigens eine riesige Überraschungstüte anlässlich der zehnten Auflage dieses Laufs mitgenommen. Über die freut sich einer, den ich doch kurz vor Lemgrabe überholt habe, oder? Wie man es macht, macht man’s verkehrt. Dafür staube ich bei der Tombola eine hübsche Picknickdecke ab – der erste Preis, mit dem ich wirklich mal etwas anfangen kann.

Zehn Minuten geht es beim After-Run-Smalltalk tatsächlich mal nicht um Fußball. Als ich den schnellen Carsten, sonst gern mit Bayern-München-Kopftuch unterwegs, in schwarz-rot-goldenem Outfit sehe, ist die EM-freie Zone aber endgültig verlassen. Die Dame am Grill hat ein ganz schlechtes Gefühl, was das Spiel am Abend betrifft, während eine der Kuchenverkäuferinnen forsch auf 3:0 tippt. Nur die Siegerin des Laufs gesteht, nicht besonders viel Ahnung von Fußball zu haben. Deshalb kann sie wohl auch zweieinhalb Minuten schneller rennen als ich. Weil sie nicht so viel Zeit mit dem TV-Konsum von Krachern wie Slowakei gegen Wales verschwendet.

Ach ja, kein mehr Wort über Fußball. Habe ja auch keine Zeit mehr. Gleich fängt  Deutschland – Ukraine an.

PS: Viele hübsche Fotos finden sich auch auf http://www.moorlauf.de/

3 Gedanken zu “Achtung, EM-freie Zone

  1. Nur für das Tor von Schweinsteiger hat sich das Spiel schon gelohnt… ach .. verdammt, hier ist ja EM-freie Zone oder nicht?

    Ich find ja die kleinen Laufevents (wenn ich denn überhaupt mal teilnehme) so viel wunderbarer als die großen. Meist sind Streckenposten & Co. extrem motiviert.

    Wie auch immer… Glückwunsch zum Einstelligen.

  2. Sehr guter Bericht,der wirklich auch den Charme vom Moorlauf hervorhebt,obwohl er doch eher ein kleiner Lauf ist.
    Mit bestem Gruß aus Diesdorf bzw. Langenapel 😉

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